Symbolbild für Finanzielle Restrukturierung in Unternehmen - Zeitdruck für Betriebe

Finanzielle Restrukturierung in Unternehmen - Zeitdruck für Betriebe

30. August 2023Bodo Mall#Restrukturierung#Turnaround#Insolvenz

Ab September müssen überschuldete Unternehmen wieder Insolvenz anmelden, wenn sie nicht für 12 Monate finanziell gesichert, d.h. durchfinanziert sind. Alternativ können sie sich auch mittels Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (StaRUG) umstrukturieren – ohne Insolvenz oder Kontrollverlust. Bedingung: Der Plan muss bis Ende Oktober beim Restrukturierungsgericht angemeldet sein.

Restrukturierungsmaßnahmen gemäß dem StaRUG waren lange Zeit eher unbekannt und wurden sogar von Insidern belächelt, die behaupteten, es gäbe mehr juristische Kommentare zu diesem Thema als tatsächliche Anwendungsfälle. Dies ändert sich, unter anderem weil namhafte Großunternehmen wie Eterna, Gerry Weber und Leoni dieses Instrument kürzlich erfolgreich eingesetzt haben.

Die finanzielle Belastung vieler Unternehmen ist aufgrund der Corona-Krise stark angestiegen, und erhebliche Kostensteigerungen haben den Zeitraum für eine seriöse langfristige Planung verkürzt. Um eine mögliche Welle von Insolvenzen zu verhindern, hatte der Gesetzgeber im letzten Herbst die Frist für eine positive Fortführungsprognose von 12 auf 4 Monate reduziert. Diese Regelung ist jedoch bis Ende dieses Jahres befristet, ab 2024 gelten wieder die ursprünglichen 12 Monate. Da die verkürzte Frist ab September diesen Jahres bis in das neue Jahr hineinreicht, wird die neue (alte) Frist bereits ab September wirksam. Das bedeutet, dass betroffene Unternehmen innerhalb von 8 Wochen (Höchstfrist für die Insolvenzantragstellung wegen Überschuldung), also bis Ende Oktober, einen Insolvenzantrag stellen müssen.

Solange Unternehmen nicht insolvenzantragspflichtig sind, können sie anstelle einer Insolvenz einen Plan gemäß dem StaRUG ausarbeiten, der die Gläubiger in verschiedene Gruppen aufteilt und regelt, wie, wann und in welcher Höhe sie Zahlungen für ihre Forderungen erhalten. Sie können sachgemäß entscheiden, welche Forderungen überhaupt in den Plan einbezogen werden sollen. Es ist erlaubt, zwischen Gläubigern, deren Forderungen unverändert bleiben, und Gläubigern, deren Forderungen im Plan reduziert werden, zu unterscheiden.

Der Plan wird umgesetzt, wenn jede Gruppe mit mindestens 75% Zustimmung den Regelungen zustimmt. Falls einige Gruppen ablehnen, können sie überstimmt werden, sofern die Mehrheit der Gruppen zustimmt und die Mitglieder der ablehnenden Gruppen nicht schlechter gestellt werden als ohne den Plan.

Um die Nicht-Benachteiligung sicherzustellen, muss ein Vergleich mit dem nächstbesten Szenario durchgeführt werden. Die Bildung von Vergleichsrechnungen und Gruppen ist daher entscheidend für eine erfolgreiche StaRUG-Restrukturierung. Nach Abschluss eines erfolgreichen StaRUG-Verfahrens sollte das bilanzielle Gleichgewicht wiederhergestellt und das Unternehmen wieder durchfinanziert sein.

Obwohl das StaRUG nicht für alle Unternehmenskrisen geeignet ist, bietet es dennoch viele Vorteile. Das Unternehmen behält die volle Kontrolle über den Prozess, welche bei einer Insolvenz eingeschränkt werden würde. Zudem erfolgt das Verfahren diskret, ohne öffentliche Bekanntmachung. Außerdem kann eine Neuregelung der Schulden auch gegen den Willen einzelner Gläubiger oder Gläubigergruppen durchgesetzt werden. Im Gegensatz zu Insolvenzverfahren, die oft Jahre dauern, werden StaRUG-Verfahren in der Regel innerhalb von 3 bis 6 Monaten abgeschlossen.

Darüber hinaus sind das Management und die Gesellschafter im StaRUG-Verfahren nicht von möglichen Anfechtungs- oder Haftungsansprüchen bedroht.

Schließlich können die Verfahren auch für Gläubiger vorteilhaft sein. Ein StaRUG-Verfahren ist wesentlich kostengünstiger als eine Insolvenz. Insolvenzverfahren gehen oftmals mit beträchtlichen Verfahrenskosten einher, welche die Insolvenzmasse reduzieren und somit die Auszahlungsquote für die Gläubiger mindern. Im Gegensatz dazu erweist sich ein StaRUG-Verfahren als deutlich kostenschonender.

Zudem sind Regelungen in Restrukturierungsplänen, wie etwa die Nachbesicherung von Forderungen, auch im Falle einer nachfolgenden Insolvenz rechtssicher.

Die Anwendungsbreite des StaRUG ist vielfältig: Es können Schulden aus Krediten, Kaufverträgen, Werkverträgen, Gewährleistungen, Steuern und fast alle anderen Verbindlichkeiten restrukturiert werden. Die Gestaltungsmöglichkeiten sind nicht auf eine einfache Reduzierung von Verbindlichkeiten beschränkt, sondern es können auch Fälligkeiten und komplexe Einzelregelungen, wie sogenannte "Financial Covenants" in Konsortialkreditverträgen, neu geregelt werden.

Um von diesen Möglichkeiten zu profitieren, ist jedoch rechtzeitiges Handeln gefragt, da der Zugang zu diesem Instrument nach Ablauf der Frist zur Insolvenzantragsstellung verwehrt ist.

DRESEN MALL unterstützt Unternehmen bei Restrukturierungsprojekten nach den Vorgaben des StaRUG. Dabei bringen wir unser Fachwissen im Bereich der wirtschaftlichen Aspekte von Restrukturierungsplänen ein. Unsere Schwerpunkte liegen in der Erstellung der notwendigen Planungs- und Vergleichsrechnungen, welche ein spezifisches Know-How erfordern.

Bei weiteren Fragen oder Interesse stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Sie können uns zum Beispiel über das Kontaktformular auf unserer Website erreichen.

Weiterführende Links

BMJ - Pressemitteilungen - Temporäre Anpassungen im Sanierungs- und Insolvenzrecht beschlossen

Erstes StaRUG-Verfahren in Schleswig-Holstein – ein Restrukturierungsfall im Gesundheitswesen

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